Wie viele Schüler wissen vom Holocaust?

Umdenken bei der Gefahr von Rechts

Ein Kommentar von Martin Schiffers - Foto Miriam Krawehl

Ich war vor einigen Tagen bei einer Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung "Eine Stadt und ihr KZ".
Der Vortrag war sehr gut, aber ich bemerkte - wie schon so oft -, dass die Veranstaltung vorwiegend von einem älteren Publikum besucht wurde.
Es fällt einem schwer, jemand fremden etwas zu vermitteln, das für denjenigen abstrakt ist. Krieg und Verfolgung ist für unsere Jugend abstrakt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie ergab, dass nicht einmal 60% der Jugendlichen über den Holocaust Bescheid wissen.
Zudem werden die Zeitzeugen immer weniger.

Aber es sind vor allem das Bild des Faschismus sowie die Art der Verbreitung, die sich erheblich geändert haben.
Noch in den 1980er und 90er Jahren waren Neonazis einfach zu erkennen. Heute trägt ihre Führungsriege Schlips und Kragen. Die Basis ist in ihrem Erscheinungsbild moderater geworden. Nur ihre Ideologie ist so gestört geblieben.
Auch die Kommunikation der Rechtsextremen hat sich geändert. Waren früher kaum mehr als ein paar hundert Leute für einen Marsch aufzutreiben,sind die einzelnen Zellen mittlerweile gut vernetzt und über geschlossene Kanäle in den sozialen Netzwerken verbunden. Hinzu kommen öffentliche Aufrufe zu fremdenfeindlichen Demonstrationen und ähnliche Veranstaltungen.

Wobei die wirkliche Gefahr heute nicht mehr von pöbelnden Glatzköpfen in Springerstiefeln ausgeht, sondern von scheinbar konservativen Lenkern, die die Massen manipulieren.
Es sollte nicht vergessen werden, dass auch Hitler seinerzeit mit der NSDAP zur stärksten Fraktion gewählt wurde, und somit an die Macht kam. Mit den Ängsten der Bevölkerung spielend und vor allem mit dem Bild eines vermeintlich starken Mannes, der "durchgreift".
Dieses Bild spiegeln heute auch rechtspopulistische Politiker und Parteien wieder. Statt Aufklärung zu betreiben, werden die Ängste derer geschürt, die den Weitblick nicht haben oder deren eigene Existenz von Hoffnungslosigkeit geprägt ist.

Unterstützung bekommen diese auch ungewollt von den Boulevardblättern, die statt neutraler Berichterstattung lieber Artikel für Sensationsgeile schreiben. Über die Qualität dieser Artikel kann man streiten, über ihre Reichweite nicht.
Wer so verantwortungslos handelt und Verkaufszahlen auf Kosten der Wahrheit generiert, braucht sich nicht zu wundern, dass sich gerade unter den wenig gebildeten Menschen eine negative Haltung gegen Minderheiten bildet.

Darüber hinaus hat sich die politische Struktur derart verschoben, dass es dem neutralen Betrachter schwerfällt, noch Grenzen zu ziehen. Besonders die CSU fischt am Rechten Rand und verwischt auf diese Weise die Grenzen des Tolerierbaren.
Geholfen wird den Rechtspopulisten aber auch von den anderen etablierten Parteien, die an Intransparenz kaum zu überbieten sind.
Durch dieses Verhalten fühlen sich viele Menschen nicht mehr ernstgenommen und laufen zu den politischen Randgruppen über. Müde der demokratischen Parteien, deren Wahlversprechen nach ein paar Wochen vergessen scheinen, lassen sich die meisten allerdings von der "biederen" Art der Rechten Denker manipulieren.

So zeichnet sich seit einiger Zeit ab, dass Antisemitismus, Rassismus und Homophobie scheinbar wieder salonfähig werden.

Auch wenn Antisemitismus wieder verstärkt wahrgenommen wird, so hat sich die Zielgruppe der Faschisten mehr auf "Ausländer" und "Flüchtlinge" verlagert. Im Gegensatz zu den im Verborgenen sitzenden Hetzern, sind diese für jedermann sichtbar. Auch die Nutzung sozialer Netzwerke bietet neofaschistischen Gruppierungen eine Plattform der Kommunikation und der Rekrutierung.

Ein langfristiger Erfolg gegen die Hetze verfassungsfeindlicher Organisationen ist nur denkbar, wenn man effektiv die Jugend von heute aufklärt.

Der Faschismus ist 1945 nicht besiegt worden und es wird immer Menschen geben, die diese Ideologie weiterführen. Doch es liegt an uns, hier und heute die folgenden Generationen zu sensibilisieren, ihnen die Augen zu öffnen und sie aufzuklären.
Dafür gibt es genug Beispiele aus der Gegenwart. Jeden Tag!